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Filesharing: Stiefeltern haften nicht immer für ihre Stiefkinder

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Das Landgericht Frankfurt (LG) hat sich am 11.04.19 in einem Urteil damit auseinandergesetzt, inwiefern Stiefeltern für illegale Downloads ihrer Stiefkinder haften (Az. 2-03 S 2/18). Insbesondere ging es um die Frage, ob Stiefeltern das Internetnutzungsverhalten ihrer Stiefkinder beaufsichtigen müssen.

In dem Verfahren ging es darum, dass der zwölfjährige Stiefsohn des Beklagten über eine illegale Filesharing-Plattform ein Videospiel heruntergeladen hat. Daraufhin verlangte die Softwarefirma, die die Rechte an dem Spiel innehat, vom Stiefvater die Abgabe einer Unterlassungserklärung, sowie die Zahlung von Schadensersatz und Abmahnkosten. Der Mann gab jedoch an, er hätte seinen Stiefsohn gemeinsam mit dessen leiblicher Mutter über die Gefahren von Filesharing-Angeboten aufgeklärt und ihm den Download von Spielen, sowie die Teilnahme an Internettauschbörsen verboten. Ferner hätte es keine Anhaltspunkte gegeben, die vermuten ließen, dass sich der Junge nicht an das Verbot hielt.

Die Software-Firma führte hingegen an, dass der Stiefvater seine Aufsichtspflicht verletzt hätte und deshalb nach § 832 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und § 97 Urheberrechtsgesetz (UrhG) schadensersatzpflichtig sei, denn die Belehrung des Kindes hätte nicht den Anforderungen genügt, die der Bundesgerichtshof (BGH) bereits in früheren Entscheidungen festgelegt hat.

Stiefeltern haben keine gesetzliche Aufsichtspflicht

Nachdem bereits das Amtsgericht Frankfurt die Klage in erster Instanz abgelehnt hat, wies nun auch das LG die Klage ab. Nach Ansicht der Richter träfe Stiefeltern keine gesetzliche Aufsichtspflicht gegenüber ihren Stiefkindern, denn anders als leibliche Eltern oder Adoptiveltern hätten sie sie für das Kind kein Personensorgerecht im Sinne das § 1626 BGB. Sie sind also keine Erziehungsberechtigten.

Allerdings hielt es das LG durchaus für möglich, dass den Stiefvater hier eine Aufsichtspflicht aufgrund stillschweigender vertraglicher Übernahme traf. Diese könnte sich dadurch ergeben haben, dass der Junge im Haushalt des Stiefvaters wohnte. Dem Gericht zufolge kommt es darauf an, ob der Stiefvater gegenüber dem Stiefkind befugt sei, Weisungen und Gebote auszusprechen und diese im Zweifel auch durchzusetzen. Nimmt jemand das Kind seiner Partnerin im eigenen Haushalt auf, sei in der Regel davon auszugehen, dass zumindest im Rahmen des Haushalts ein solches Weisungsrecht bestehe. In diesem Kontext seien Stiefeltern den leiblichen Eltern faktisch gleichgestellt.

Allerdings könne laut dem Urteil im Einzelfall etwas anderes gelten und zwar dann, wenn zwischen leiblichen Eltern, Stiefelternteil und ggf. auch dem Kind vereinbart wurde, dass allein die leiblichen Eltern Gebote und Verbote aussprechen können. Eine solche Vereinbarung könne auch stillschweigend getroffen werden. Aus diesem Grund sei es Aufgabe der Klägerin, also der Software-Firma nachzuweisen, dass der Stiefvater tatsächlich berechtigt sei, seinem Stiefkind Ge- und Verbote zu erteilen.

Zusammenleben in einem Haushalt kann vertragliche Aufsichtspflicht begründen

Im vorliegenden Fall sei dies jedoch gelungen, denn der Beklagte habe selbst mehrfach darauf hingewiesen, dass er den Jungen belehrt habe. Im Übrigen habe er das Kind in diversen Schriftsätzen mehrfach als seinen „Sohn“ bezeichnet, was ebenfalls für eine stillschweigende Übernahme einer vertraglichen Aufsichtspflicht spräche.

Dennoch hafte der Mann nicht, denn er sei durch die Belehrung des Kindes seiner Aufsichtspflicht hinreichend nachgekommen. Anders als die Klägerin behauptete, hätte die Belehrung den Anforderungen des BGH genügt. Diese seien bereits dann erfüllt, wenn der Aufsichtspflichtige das Kind über die Rechtswidrigkeit der Teilnahme an Filesharing-Plattformen belehrt und ihm diese verbietet, sofern das Kind üblicherweise Ge- und Verbote im Wesentlichen befolgt. Nicht ausreichend sei es jedoch, das Kind lediglich zu „ordentlichem Verhalten“ aufzufordern, sofern keine weitere Konkretisierung erfolgt.

Im vorliegenden Fall hätten die leibliche Mutter des Kindes und der Stiefvater bereits frühzeitig mit dem Jungen über die Gefahren im Internet gesprochen und ihm ausdrücklich jegliche Aktivitäten auf Filesharing-Plattformen untersagt. Somit seien sie ihren Aufklärungspflichten ausreichend nachgekommen und haften mithin nicht für das Verhalten des Kindes.

Durch das Urteil wurde also abermals bestätigt, dass Eltern einer Haftung für Filesharing ihrer Kinder entgehen können, wenn sie die Kinder ausreichend belehren und ihnen die Teilnahme an Online-Tauschbörsen verbieten. Des Weiteren hat das LG durch das Urteil deutlich gemacht, dass Stiefeltern keine gesetzliche Aufsichtspflicht für ihre Stiefkinder trifft, da sie nicht im Sinne des § 1626 BGB die Personensorge innehaben. Dennoch kann eine vertragliche Aufsichtspflicht dadurch begründet werden, dass die Kinder in den eigenen Haushalt aufgenommen werden. In jedem Falle ist also eine Belehrung der Kinder geboten.

Wir helfen Ihnen gerne!

Haben Sie oder ein Angehöriger eine Abmahnung wegen Filesharings erhalten und benötigen nun rechtliche Beratung? Dann können Sie uns gerne telefonisch unter der Rufnummer 0221 / 951563 20 kontaktieren, um unser kostenfreies Erstgespräch in Anspruch zu nehmen (Beratung bundesweit)!

Ein Musterformular für eine Belehrung Ihrer Kinder finden Sie hier. 

fho


Der Beitrag Filesharing: Stiefeltern haften nicht immer für ihre Stiefkinder erschien zuerst auf WBS LAW.


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