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LG Hanau zur Einigungsgebühr bei Beratungshilfe: Unterlassungserklärung ist dem Schadensersatz nicht untergeordnet

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Unserer Kanzlei wurde in dem Beschluss des LG Hanau die Vergütung über 303,45 Euro bei Beratungshilfe zugesprochen. Die zunächst verweigerte Einigungsgebühr darf verlangt werden. Entgegen einem Beschluss des OLG Düsseldorf, steht der Geltendmachung der Einigungsgebühr nicht entgegen, dass über den Schadensersatzanspruch keine Einigung erzielt wurde, denn die Unterlassungserklärung stellt gegenüber der Schadensersatzforderung nicht lediglich einen untergeordneten Punkt dar.

Unsere Mandantin hatte eine Filesharing-Abmahnung einer Rechtsanwaltskanzlei erhalten. Zur Verteidigung gegen das Abmahnschreiben wurde ihr von dem Amtsgericht Hanau Beratungshilfe gewährt.

Was ist ein Beratungshilfeschein?

Personen, die die anfallenden Kosten für eine Vertretung oder Beratung durch einen Rechtsanwalt nicht aufbringen können und denen keine andere zumutbare Möglichkeit für eine Hilfe zur Verfügung steht (beispielsweise die Inanspruchnahme einer Rechtsschutzversicherung) haben gemäß § 1 BerhG (Beratungshilfegesetz) die Möglichkeit, die sogenannte Beratungshilfe zu beantragen.

Mit dem gewährten Beratungshilfeschein wurden wir mit der Verteidigung gegen die in der Abmahnung geforderte Abgabe einer Unterlassungserklärung und der Zahlung eines Schadensersatzes beauftragt.
In einem ersten Schritt gaben wir im Namen unserer Mandantin eine modifizierte Unterlassungserklärung ab und verweigerten die Zahlung des geforderten Schadensersatzes.

Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung soll keine Einigungsgebühr entstehen lassen

Anschließend beantragte unsere Kanzlei die Festsetzung einer Gebühr in Höhe von 303, 45 Euro beim Amtsgericht Hanau, bestehend aus einer Geschäftsgebühr sowie einer Einigungs- und Erledigungsgebühr zuzüglich Nebenforderungen. Das AG Hanau sprach uns daraufhin einen Betrag von 121,38 Euro zu. Herausgenommen wurde die geltend gemachte Einigungsgebühr. Das Gericht bezog sich bei der Begründung auf einen Beschluss des OLG Düsseldorf, wonach die Abgabe einer modifizierten Unterlassungserklärung keine Einigungsgebühr entstehen lasse.

Gegen diese Festsetzung hatten wir Erinnerung eingelegt.  Da die Festsetzung nicht durch einen Richter stattfindet, hat man mit der Erinnerung die Möglichkeit, durch erneute Prüfung eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Auch diese wurde mit Hinweis auf das Urteil des OLG Düsseldorf zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des Richters vom AG Hanau legten wir sodann am 29.10.2014 Beschwerde ein.

Unterlassungsanspruch ist gegenüber einem Schadensersatzanspruch nicht als untergeordnet anzusehen

Dabei wiesen wir ausdrücklich darauf hin, dass auch ein Teilvergleich einen Anspruch auf die Einigungsgebühr entstehen lässt. Zudem – und das soll hier nochmals besonders hervorgehoben werden, darf ein Unterlassungsanspruch im Verhältnis zu einem Schadensersatzanspruch gerade nicht als untergeordnet angesehen werden.

Das LG Hanau sieht unsere Beschwerde als zulässig und begründet an.

Einigungsgebühr ist wirtschaftlicher Anreiz für jede Form der einvernehmlichen Streitbeilegung

Zunächst stellt das LG Hanau fest, dass das Gesetz bereits in den Gebührenvorschriften zur Beratungshilfe selbst auf die Vorschriften zur Einigungsgebühr verweist. Allgemein anerkannt ist, dass bereits eine Zwischeneinigung der Parteien eine Einigungsgebühr auslösen kann. Eine Einigung über den gesamten Streitstoff hingegen ist nicht erforderlich.

Dem LG Hanau zufolge ist stets entscheidend, ob durch die Vereinbarung der Parteien eine endgültige oder zumindest dauerhafte Regelung zumindest über einen Teil des Verfahrensgegenstandes getroffen wurde. Die Einigungsgebühr stelle eine zusätzliche Erfolgsgebühr dar, mit der ein wirtschaftlicher Anreiz für jede Form der einvernehmlichen Streitbeilegung gesetzt werden soll, so das Landgericht weiter. Denn belohnt werden soll das anwaltliche Streben, Streitigkeiten möglichst ohne Anrufung des Gerichts beizulegen.

Einigungsgebühr auch, wenn über Schadensersatz keine Einigung getroffen wurde

Dieser Zweck ist auch erfüllt, wenn eine Einigung nur über einen nicht ganz unerheblichen Teil getroffen wurde.

Wir hatten für unsere Mandantin eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben. Damit ist der (behauptete) gesetzliche Anspruch des abmahnenden Rechteinhabers nach § 97 I UrhG auf Unterlassung durch einen vertraglichen Anspruch ersetz worden. Einzig die ausstehende Schadensersatz Forderung hatten wir, im Übrigen zurecht, zurückgewiesen.

Hierdurch wird der Sinn des Gesetzes, eine streitige Entscheidung unter Zuhilfenahme der Gerichte zu vermeiden, bereits erreicht. Gemäß den Ausführungen des Landgerichts Hanau, steht der Geltendmachung der Einigungsgebühr nicht entgegen, dass über den Schadensersatzanspruch keine Einigung erzielt wurde. Die streitige Frage, ob ein gesetzlicher Anspruch auf Unterlassung besteht, wurde durch die Abgabe einer (modifizierten) Unterlassungserklärung und deren Annahme nämlich beigelegt. Diese Streitbeilegung war auch nicht unerheblich, da ein streitiges Austragen der Frage nach dem Bestehen von gesetzlichen Unterlassungsansprüchen im Verhältnis zu den Schadensersatzansprüchen regelmäßig sogar einen erheblich höheren Streitwert (€ 10.000,00) vor Gericht erzeugt.

Entscheidung des OLG Düsseldorf auf Besonderheit des dortigen Einzelfalls zurückzuführen

Diesen Aspekt haben die Richter am LG Hanau auch noch einmal explizit herausgestellt. Die Unterlassungserklärung stellt gegenüber der Schadensersatzforderung nicht lediglich einen untergeordneten Punkt dar. Sie steht gleichwertig neben ihr, so das Resümee der Richter. Hierzu das LG Hanau:

„ Soweit das OLG Düsseldorf in der seitens des Amtsgerichts zitierten Entscheidung die Auffassung vertreten hat, dass der Unterlassungserklärung inhaltlich nur ganz untergeordnete Bedeutung zukomme, beruht dies auf den Besonderheiten des dort entschiedenen Falls.“

Das OLG Düsseldorf stelle nämlich fest, dass es in dem dort entschiedenen Fall inhaltlich allein um die Realisierung von Schadensersatzansprüchen gehe. Daraus sei aber eben nicht zu schließen, „dass in jedem Fall der Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs neben einem Schadensersatzanspruch beim Filesharing von einer Unterordnung des Unterlassungsbegehrens auszugehen ist“, so das Landgericht weiter.

Der Beschluss des LG Hanau stellt sich mit erfrischender Deutlichkeit gegen die oberflächliche und sachfremde Entscheidung des OLG Düsseldorf, welches sich in Spekulationen verliert, wenn es „ins Blaue hinein“ behauptet, für den Abgemahnten spiele ein Unterlassungsanspruch (ein Unterlassungsvertrag bindet ein Leben lang) im Verhältnis zum Schadensersatz keine Rolle und so den Streit über § 97 I UrhG zu bloßem Beiwerk des Schadensersatzes verklärt – freilich ohne dies mit einem Wort zu begründen.

Zuvor haben bereits die Landgericht Detmold und die Amtsgerichte Solingen und Dülmen der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf eine Absage erteilt.

Hier der Beschluss im Volltext: Beschluss LG Hanau Geschäftsnr. 3T 8/15

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